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Walter Niedermayr: Hintertuxergletscher 55
EIKON #87 (September 2014)
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Der Beschreibung nach „ein Foto, das jemand von sich selbst macht, üblicherweise mit einem Smartphone oder einer Webcam und dies via Social Media verbreitet“ (Oxford English Dictionary), ist das sogenannte „Selfie“ aus der heutigen Alltags(un)kultur nicht mehr wegzudenken. Charakteristisch sind die zumeist dilettantische Komposition, der ungünstige Aufnahmewinkel und das unvorteilhafte Licht, womit es sich wohl so ziemlich allen Kriterien eines professionellen Fotoportraits widersetzt; nicht weiter verwunderlich, sind doch die Protagonisten meistens Teenager, die sich eben mal schnell im Bad, in ihrem Zimmer, in der Umkleidekabine fotografieren.
Die Selfies aber deswegen als vollkommen belanglosen Zeitvertreib der Heranwachsenden zu betrachten, wäre wohl etwas zu vorschnell, denn vor allem die Art, wie sich junge Frauen, die den überwiegenden Anteil daran produzieren, der Kamera und damit der ganzen Welt präsentieren, sollte zu denken geben: Dient das laszive, beinahe unbekleidete Posieren dazu, sich attraktiv und in der eigenen Geschlechtsidentität bestätigt zu fühlen? Oder aber führen diese Stereotypen nicht eher vor, wie sehr der Blick von einer männlichen Sichtweise – und damit einer Objektivierung des Weiblichen – bestimmt ist?
Ein Anlass, die mediale Selbstrepräsentation von Frauen, genauer Künstlerinnen, historisch unter die Lupe zu nehmen: Felicitas Thun-Hohenstein, Kuratorin von „Sphären des feministischen Selbst: Selbstportrait – Selbstdarstellung – Selbstauslöser“ und damit des „Fokus“ dieses Heftes, untersucht im Gespräch mit Abigail Solomon-Godeau die visuelle Sprache des Feminismus, von der Repräsentation der „Neuen Frau“ bis zur künstlerischen Darstellung des weiblichen Subjekts. Speziell die Erfindung des Selbstauslösers scheint Künstlerinnen neue Formen der Interaktion mit sich selbst ermöglicht zu haben, wie zwei aktuelle Ausstellungen im ACFNY und MdM Salzburg zeigen.
Unzählige „Selfie-Girls“ agieren hingegen geradezu anti-feministisch. Jedoch scheinen sie stets Wert auf das Aufzeigen der Konstruktion durch die Kamera zu legen; perspektivisch überlängte Arme und gespiegelte Fotoapparate im Bildausschnitt lassen vermuten, dass das meiste doch nur Maskerade ist.
Gute Unterhaltung wünscht Ihre EIKON-Redaktion mit
Nela Eggenberger
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