2003 C-Print, 47 x 60 cm nummeriert und handsigniert Auflage: 25 + III In Kooperation mit: Layr:wuestenhagen (Wien)
„In der Ausgestaltung des Wohnraums spiegeln sich die Familien- und Gesellschaftsstrukturen einer Epochen wieder.“ (Jean Baudrillard)
Über Jahrhunderte besaß jedes Möbelstück, jeder Gegenstand des häuslichen Lebensumfeldes seine eigene Geschichte und symbolische Würde. Unwiederholbar in der Art der handwerklichen Fertigung und dekorativen Gestaltung diente jedes Bett, jeder Tisch, jede Kommode, jeder Schrank der Integration menschlicher Beziehungen. Der Aspekt praktischer Verwendbarkeit erschien zweitrangig vor dem Gedanken an die Repräsentanz innerfamiliärer Rollenmuster, Autoritäten, Traditionen und Erinnerungen.
Heute, in einer Zeit zunehmender Individualisierung, steigender Mobilität und brüchiger Sozialstrukturen verdrängt das praktische Kombinationsmobiliar die alte Kredenz. Unter dem Gesichtspunkt der konstruktiven Klarheit und des zweckmäßigen Designs wird die postmoderne Möbelgestaltung wesentlich von innovativen Werkstoffen und industriellen Fertigungsmethoden bestimmt.
Mit der Fotokamera interpretiert Andrea Witzmann die nüchterne Alltagsästhetik gegenwärtiger Wohnkultur. Cleane Neutralität und anonyme Serialität spiegeln sich in menschenleeren weißen Räumen. Ein einfaches weißes Handwaschbecken, ein weißer Fön, ein weißes Regalbrett, gläserne Zahnputzbecher und ein transparenter Duschvorhang kennzeichnen die namenlose Örtlichkeit einer kleinen fensterlosen Nasszelle. Tische mit weißen Tüchern und uniforme Stühle mit weißen Plastiksitzschalen, hineingruppiert in die kahle Gleichgültigkeit eines weißen Speisesaals, erwecken den Eindruck künstlicher Inszenierung.
Es sind vertraute und doch farblose Orte aus einer austauschbaren Welt trivialer Gegenständlichkeit. In die alles überstrahlende Monotonie eines blendenden Weiß getaucht verunsichern die gewählten Ansichten die Gewohnheit unserer Seherfahrung.
Zum Werk der Künstlerin
Gezielt nutzt Andrea Witzmann das Medium der Fotografie zur thematischen Annäherung an das Künstliche der Realität und die Realität des Künstlichen. Ihrem Wesen nach beansprucht die Fotografie zeitgeschichtliches Interesse, dokumentarische Wahrhaftigkeit und abbildhafte Objektreue, ohne jedoch ihre manipulativen Fähigkeiten gänzlich verleugnen zu können. Witzmanns Bilder verschaffen Einblick in Räume, die zufällig, absichtslos und ohne gestalterischen Eingriff aufgenommen erscheinen.
Im Umgang mit Licht und Farbe offenbart sich der subjektive Blick der Fotografin. Immer entstehen die Aufnahmen unter formal-bildnerischen Gesichtspunkten. Andrea Witzmann experimentiert mit einer streng reduzierten, aber ausgewogenen Gliederung der Bildfläche, welche auf die Bedingungen koloristischer Gestaltung keine Rücksicht nehmen muss.
Lesen Sie mehr über den Künstlerin in dem Bild-/Textbeitrag in EIKON #43/44/ 2003, S. 36-39: Andrea Witzmann, Die Realität des Künstlichen (Autorin: Dr. Stefanie Dathe)
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